Der Gewinner der Europawahl 2009 in der Slowakischen Republik ist die Fraktion der Europäischen Volkspartei- der Europäischen Demokraten (EVP-ED). Zu deren Mitgliedern zählen die Slowakische Demokratische und Christliche Union-Demokratische Partei (SDKÚ-DS), die Partei der Ungarischen Koalition (SMK) sowie die Christlich-Demokratische Bewegung (KDH), die zusammen sechs Mandate im Europäischen Parlament errangen.
Auf den zweiten Platz mit fünf Mandaten kam die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE), der auch die Richtungspartei Sozialdemokratie (Smer-SD) angehört.
Ein Sitz ging an die Union für ein Europa der Nationen (UEN), welcher die radikalnationalistische Slowakische Nationalpartei (SNS) verbunden ist, und ein weiterer Sitz an die Volkspartei - Bewegung für eine Demokratische Slowakei (LS-HZDS), die bislang noch keiner Fraktion im Europäischen Parlament angehört.
Doch die EVP-ED ist keineswegs die klare Gewinnerin, die sie noch vor fünf Jahren war, als sie mit acht aus 14 Sitzen die absolute Mehrheit der slowakischen Europamandate auf sich vereinen konnte: Dieses Mal musste sie sich mit sechs aus 13 Sitzen bescheiden. Die Europäischen Sozialdemokraten können mit den fünf von der Smer-SD errungenen Sitzen durchaus zufrieden sein, haben sie damit gegenüber 2004 doch zwei Sitze hinzugewonnen. Insgesamt aber hat die slowakische Linke bei der diesjährigen Europawahl den Kampf gegen die Rechte verloren. Auch wenn die Zusammensetzung der slowakischen Vertretung im Europaparlament von ihrer ideologischen und politischen Ausrichtung her im Vergleich zu 2004 etwas ausgeglichener ist, dürfte sich an der eher rechtsgerichteten Orientierung der slowakischen Abgeordneten auch in dieser Wahlperiode wenig ändern.
Innenpolitische Aspekte
Interessant sind auch vor allem die innenpolitischen Aspekte der Europawahl 2009. Bei einer Wahlbeteiligung von nicht einmal 20 Prozent sind die Ergebnisse für die einzelnen Parteien zwar nicht signifikant genug, um zuverlässig auf ihre möglichen Einflüsse auf weitere Entwicklungen innerhalb der slowakischen politischen Landschaft schließen zu können.
Worauf die Ergebnisse aber durchaus Rückschlüsse zulassen, ist die unterschiedliche Fähigkeit der Parteien zur Mobilisierung ihrer Anhängerschaft. Hier zeigen sich deutliche Diskrepanzen zwischen den langfristigen Wahlpräferenzen für die Smer-SD (40-45 Prozent) und die SNS (8-10 Prozent) einerseits und den von ihnen tatsächlichen erzielten Stimmanteilen andererseits (32 Prozent bzw. 5,55 Prozent). Im Falle der Smer-SD hat sich dieses Phänomen bereits bei den Parlamentswahlen von 2006 gezeigt. Bei allen anderen Wahlen (Kommunal- und Präsidentschaftswahlen) hat die Partei es dagegen verstanden, ihre potenziellen Wähler besser zu mobilisieren.
Die ethnische (beziehungsweise antiungarische) Karte hat, wie die Ergebnisse belegen, bei der Europawahl 2009 nicht sonderlich erfolgreich gestochen, obwohl sie sowohl von der SNS wie auch der Smer-SD gespielt worden war. Die außerordentliche Sitzung des slowakischen Nationalrates zu den Äußerungen Viktor Orbans über die Unterstützung der Autonomiebestrebungen der im Ausland lebenden ethnischer Ungarn ist ein gutes Beispiel dafür.
Insbesondere die Führung der SNS musste diese Erkenntnis schmerzlich bezahlen. Angetreten mit dem erklärten Ziel, mehr Stimmen auf sich zu vereinigen, schaffte die Partei am Ende mit 5,5 Prozent gerade noch so eben den Wiedereinzug ins Europaparlament. Wie es scheint, stehen die Anhänger der Partei der EU und den Fragen der europäischen Integration mehr oder minder gleichgültig gegenüber, und selbst mit ihrem theatralischen antiungarischen Alarmgeschrei schaffte die SNS-Spitze es nicht, sie an die Wahlurnen zu locken.
Weiterhin Mehrheit für Mitte-Rechts-Parteien
Die Mitte-Rechts-Parteien mussten zwar gewisse Verluste gegenüber 2004 hinnehmen, behaupteten aber dennoch eine klare Mehrheit. Verglichen mit vorangegangenen Wahlen konnte die SMK mit 11,33 Prozent ihren Stimmanteil halten und belegen, dass die größeren, ethnisch ausgerichteten Parteien auch bei allgemein geringeren Wahlbeteiligungen recht gut abschneiden. Da selbst die anhaltenden Konflikte innerhalb der SMK ihre Anhänger nicht übermäßig abschrecken konnten, entsendet die ungarische Minderheit zwei Abgeordnete ins Europaparlament, wo sie der EVP-ED-Fraktion angehören. Die in gewisser Weise ebenfalls ethnisch ausgerichtete KDH konnte mit Erfolg verhindern, dass ihre Wähler zur Konkurrenz abwanderten, also zur Koalition der Konservativen Demokraten der Slowakei und der Bürgerlichen Konservativen Partei (KDS-OKS), und erzielte mit 10,87 Prozent ausreichend Stimmen, um ihre zwei Sitze im EP zu behalten. Wie immer deutlicher wird, ist die Kernwählerschaft der KDH nicht nur in ihren Wertvorstellungen konservativ, sondern auch in ihrem Wahlverhalten.
Die SDKÚ-DS, die mit 16,98 Prozent die meisten Stimmen bei der Europawahl auf sich vereinigte, dürfte ihren Wahlsieg mit gemischten Gefühlen betrachten. Die Partei schaffte es zwar, sich gegenüber der Wahl von 2004 leicht zu verbessern (mit 20.000 Stimmen mehr), muss aber dennoch einen ihrer bisher drei Sitze abgeben und kommt nur noch auf zwei Mandate. Verantwortlich dafür ist die aktuell zur Sitzverteilung angewendete Formel, die in der SDKÚ vermutlich für viel Unmut sorgt, benötigte sie doch deutlich mehr Stimmen pro Sitz als einige der anderen Parteien (z.B. die SNS und die KDH). Doch das ist vor allem ein technisches Problem. Politisch gesehen viel wichtiger ist für die Partei der Umstand, dass zahlreiche potenzielle Wähler anderen Mitte-Rechts-Parteien den Vorzug gaben, hauptsächlich der neuen Partei Freiheit und Solidarität (SaS), die mit 4,71 Prozent nur knapp den Einzug ins Europäische Parlament verpasste und sich nun auf ihr Hauptziel konzentriert – 2010 den Sprung ins slowakische Parlament zu schaffen.
In eine schwierige Position hat sich die LS-HZDS manövriert: Einerseits hat die Bewegung für eine Demokratische Slowakei ihre Position in Straßburg halten und das absolute Fiasko verhindern können, das gedroht hätte, hätten sich die Ergebnisse aus den letzten Meinungsumfragen wiederholt, die sie bei 4,2 bis 4,4 Prozent sahen. Angesichts solch niedriger Umfragewerte müssen die 8,97 Prozent Stimmen, die sie errang, als Erfolg gewertet werden. Andererseits hat die LS-HZDS von allen slowakischen Parteien am meisten Sitze im EP eingebüßt und ist in der Wahlperiode von 2009 bis 2014 nur noch mit einem statt wie bisher drei Abgeordneten vertreten. Damit hat sich die Krise der Partei weiter verschärft, der weder das Stühlerücken in den Führungsetagen gut tut noch die Tatsache, dass der seit 1991 ununterbrochen amtierende Parteivorsitzende Wladimir Mečiar keinerlei Neigungen für einen Wechsel an der Spitze erkennen lässt.
Schlechte Ergebnisse für die Grünen
Das schlechte Abschneiden der slowakischen Grünen (SZ), die nur 2,11 Prozent errangen, dürfte nur diejenigen überrascht haben, die sich nicht daran erinnern, dass die Grünen die gesamten 1990er Jahre hindurch bei Meinungsumfragen relativ gut (mit bis zu 5 Prozent) abschnitten, in den Wahlen dann aber entweder ganz untergingen, wenn sie allein antraten, oder nur unwesentlich zum Erfolg der Koalition beitrugen, der sie angehörten.
Dass die SZ seit den Wahlen von 2006 praktisch vom Radar der Wähler verschwunden ist, liegt neben ihrer unverständlichen Politik und ihren kaum publik gemachten Aktivitäten daran, dass ihre Führungsfiguren bei den Wählern nicht ankamen oder gänzlich unbekannt blieben. Auch der Versuch, die slowakischen Grünen durch zwei bekannte Persönlichkeiten auf der Kandidatenliste wiederzubeleben, war angesichts der Trägheit der Partei und der Passivität ihrer Führung von vorneherein wenig erfolgträchtig (und dass, obwohl die ,,grünen" Parteien insgesamt bei den Europawahlen 2009 deutlich besser abschnitten als 2004).
Weitaus besser als die SZ hat es die neoliberale Freiheit und Solidarität verstanden, sich durch den systematischen Aufbau ihrer Parteistrukturen, ihrer Agenda, ihrer Mitarbeiter und ihrer Kommunikation mit den Wählern als relevante politische Kraft zu etablieren. Auch dass die Führer der SaS sich von Anfang an rückhaltlos mit der Partei und ihrem Programm identifiziert haben, dürfte zu ihrem guten Ergebnis beigetragen haben und ihr in Zukunft ein deutlich höheres Medieninteresse bescheren.
Übersetzung: Martina Missiková/Thomas Pfeiffer